So setzen Sie Anpassungen und Erweiterungen in SAP S/4HANA Clean Core-kompatibel um

Michael Riedel
CTO

„Keep your core clean“ – diese Aussage hört man immer öfter. Aber was ist damit eigentlich gemeint? Letztendlich bedeutet es, dass das SAP-System direkt im Core so wenig wie möglich angepasst werden sollte. Das heißt nicht, dass individuelle Anpassungen mit SAP S/4HANA nicht mehr möglich sind. Gemeint ist hier nur die klassische Entwicklung, bei der Anpassungen direkt im Kern des Systems, im ungünstigsten Fall als Modifikation, umgesetzt werden.

„Clean Core“ erleichtert Upgrades und automatisierte Tests
Warum aber sollte man sein SAP-System nicht wie bisher anpassen oder weiterentwickeln? Im Kern geht es darum, die Releasefähigkeit des Systems zu erhalten und so von den Innovationen, die SAP mit jedem neuen Release bereitstellt, zu profitieren. Denn jede Änderung am Core des Systems erschwert künftige Upgrades: Tests werden aufwändiger und komplexer und Update-Zyklen ziehen sich in die Länge. Nicht selten sorgen Anpassungen deshalb dafür, dass wichtige Updates auf die lange Bank geschoben werden, weil Unternehmen den neuerlichen Anpassungsaufwand scheuen.

Anpassungen sind in SAP S/4HANA oder über die SAP Cloud Platform möglich
Für SAP S/4HANA Cloud stellt SAP automatisch alle drei Monate ein Update zur Verfügung. Bei der Cloud-Lösung sind deshalb Änderungen am Kern des Systems nicht nur nicht empfohlen, sondern gar nicht möglich. Aber auch wer SAP S/4HANA On-Premise einsetzt, sollte sich die Philosophie des „Clean Core“ zu eigen machen – aus den oben genannten Gründen. Auf Individualität müssen Sie dennoch nicht verzichten. Denn SAP bietet Kunden zwei sehr flexible Szenarien, um eine Standardsoftware an ihre individuellen Geschäftsanforderungen anzupassen:

 

  • die In-App-Extensibility innerhalb von SAP S/4HANA
  • die Side-by-Extensibility über die SAP Cloud Platform

Anpassungen in SAP S/4HANA lassen sich auf zwei Wegen umsetzen: über die In-App-Extensibility und über die Side-by-Side-Extensibility. Beide Konzepte gelten sowohl für SAP S/4HANA Cloud als auch für SAP S/4HANA On-Premise.

In-App-Extensibility: Integrierte Funktionen für schnelle Anpassungen
Die In-App-Extensibility ermöglicht die Anpassung von Standardfunktionen, ohne dass externe Tools erforderlich sind. Zu diesem Zweck enthält SAP S/4HANA integrierte Funktionen, mit denen sich solche Änderungen schnell und einfach umsetzen lassen. Vor allem Änderungen wie das Aus- und Einblenden von Standardfeldern für bestimmte Benutzergruppen oder das Hinzufügen einer Geschäftslogik sind damit möglich. Folgende Funktionen lassen sich direkt innerhalb der Lösung umsetzen.

  • Ändern und Anpassen von Layout und Kontext der Benutzeroberfläche
  • Erstellen einer neuen benutzerdefinierten Benutzeroberfläche
  • Erstellen und Erweitern von Formularen und E-Mail-Vorlagen
  • Erstellen von benutzerdefinierten CDS-Views
  • Erstellen und Hinzufügen einer benutzerdefinierten Geschäftslogik
  • Erstellen von benutzerdefinierten Feldern
  • Erstellen von benutzerdefinierten Geschäftsobjekten

Side-by-Side-Extensibility: Individuelle Erweiterungen und neue Anwendungen umsetzen
Im Zuge der Side-by-Side-Extensibility können Anwenderunternehmen Erweiterungen und komplett eigene benutzerdefinierte Anwendungen entwickeln. Technologische Basis dafür ist die SAP Cloud Platform. Der Kern von SAP S/4HANA bleibt dabei unangetastet. Gleichzeitig sind die so entstandenen Apps oder Erweiterungen über APIs nahtlos in SAP S/4HANA integriert.

Mithilfe der SAP Cloud Platform können SAP-Kunden im Zuge der Side-by-Side-Extensibility vorhandene Prozesse erweitern oder vollständig neue Prozesse aufsetzen und gleichzeitig SAP S/4HANA-Daten mit Daten aus anderen Systemen kombinieren. Sie haben dabei volle Flexibilität – können also ihr System wie bei einer On-Premise-Programmierung individuell erweitern – und erhalten gleichzeitig die Releasefähigkeit ihres Systems.

Welches Szenario der Anpassung oder Erweiterung das passende ist – In-App-Extensibility oder Side-by-Side-Extensibility – hängt vom jeweiligen Kontext ab.

Welches Szenario der Anpassung oder Erweiterung das passende ist – ob In-App-Extensibility oder Side-by-Side-Extensibility – hängt vom jeweiligen Kontext ab. Beide Ansätze haben den Vorteil, dass sie den Kern von SAP S/4HANA nicht verändern und damit bei einem Upgrade keinen Konflikt verursachen. Nach einem Upgrade der Lösung bleiben alle Erweiterungselemente stabil und funktionieren somit auch unter einem neuen Release der Lösung.