Start­sei­te » Blog » Die Lebens­mit­tel­in­dus­trie bei Inno­v­a­bee (Inter­view)

„Die Lebensmittelbranche hat großen IT-Hunger“:

die Lebensmittel-industrie bei Innovabee

Chris­ti­an Dei­nin­ger
CEO

Eine Bran­che, deren Kund­schaft nie­mals der Appe­tit ver­geht – bes­te Vor­aus­set­zun­gen eigent­lich für Wachs­tum, Pro­fit und lang­fris­ti­gen Erfolg. Die Rea­li­tät der Lebens­mit­tel­in­dus­trie bzw. der Her­stel­ler ist aller­dings eine ande­re. Sei­en es unter­bro­che­ne Lie­fer­ket­ten und schwan­ken­de Roh­stoff­prei­se, neue Vor­ga­ben und Stan­dards, die Digi­ta­li­sie­rung oder auch der Fach­kräf­te­man­gel: Die Her­stel­ler müs­sen sich stän­dig neu erfin­den und sind dabei signi­fi­kant auf eine durch­gän­gi­ge IT-Unter­stüt­zung ange­wie­sen. Wel­che Ant­wor­ten SAP S/4HANA Cloud lie­fern kann, wo die Rei­se noch hin­geht und wie Chris­ti­an Dei­nin­ger die Bran­chen­ex­per­ti­se Inno­v­a­bees ein­ord­net: Das ver­rät er der Redak­ti­on im Inter­view.

Bei den Lebensmittelherstellern stapeln sich die Aufgaben und Herausforderungen: Welche genau sind das – und wo liegen gleichzeitig auch Chancen?

Vor allem für mit­tel­stän­di­sche Lebens­mit­tel­her­stel­ler in Deutsch­land ist 2025 ein Jahr vol­ler Her­aus­for­de­run­gen, aber auch Poten­zia­le. Zen­tra­le The­men sind schwan­ken­de Roh­stoff­prei­se und Lie­fer­ket­ten­ri­si­ken, Digi­ta­li­sie­rung, Pro­zess­op­ti­mie­rung und Fach­kräf­te­man­gel sowie Nach­hal­tig­keit und die kom­ple­xe Regu­la­to­rik – hier in Deutsch­land ins­be­son­de­re zig Zer­ti­fi­zie­run­gen oder Geset­ze wie unter ande­rem die Lebens­mit­tel­in­for­ma­ti­ons­ver­ord­nung (LMIV) (Ver­ord­nung (EU) Nr. 1169/2011).

Wir befin­den uns also mit­ten in einer sich rasant ver­än­dern­den Markt­land­schaft mit immer anspruchs­vol­le­ren Kun­den und einem kon­ti­nu­ier­li­chen Inno­va­ti­ons­druck: Neue Pro­dukt­ka­te­go­rien, ins­be­son­de­re vege­ta­ri­sche und vega­ne Alter­na­ti­ven, Func­tion­al Food und nach­hal­ti­ge Ver­pa­ckun­gen ste­hen dabei ganz oben auf der Lis­te. Nicht zu ver­ges­sen die zeit­in­ten­si­ve Kenn­zeich­nungs­pflicht zu unter ande­rem All­er­ge­nen, Halal- oder kosche­rem Essen. Par­al­lel schrei­tet die Inter­na­tio­na­li­sie­rung vor­an, neue Märk­te wie etwa Afri­ka oder Asi­en wer­den immer rele­van­ter und erfor­dern eine inten­si­ve Vor­be­rei­tung.

Ein großes Thema ist der Dauerbrenner Supply Chain Management (SCM). Wieso und warum?

Wir alle wis­sen, dass auf­grund geo­po­li­ti­scher Ereig­nis­se wie etwa des Ukrai­ne­krie­ges oder auf­grund des Kli­ma­wan­dels, der immer öfter mit Dür­ren und Hoch­was­ser ein­her­geht, Lie­fer­ket­ten emp­find­lich gestört oder sogar ganz unter­bro­chen wer­den. Und das betrifft nicht nur Auto­tei­le oder Ingre­di­en­zen für Medi­ka­men­te, son­dern eben auch so an sich simp­le Din­ge wie Son­nen­blu­men­öl oder getrock­ne­te Frucht­stü­cke für Tees. Hin­zu kommt, dass für Her­stel­lung, Ver­ar­bei­tung, Trans­port, Lage­rung & Co. mitt­ler­wei­le die unter­schied­lichs­ten Auf­la­gen, Vor­la­gen und Geset­ze ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen, wie zum Bei­spiel hier­zu­lan­de das Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz (LkSG) oder die LMIV, die ich bereits erwähnt hat­te. Dazu ein kon­kre­tes Bei­spiel für ein ver­meint­lich so ein­fa­ches Pro­dukt wie Tro­cken­früch­te: Je nach Art und Ver­mark­tung sind etwa 15 bis 25 kon­kre­ten Auf­la­gen ein­zu­hal­ten – man­che davon ver­pflich­tend, ande­re kon­text­ab­hän­gig, z. B. lose Ware vs. vor­ver­pack­te, sta­tio­nä­rer vs. Online-Ver­kauf, ent­hal­te­ne Zusatz­stof­fe etc. Alles in allem immense Zeit­fres­ser, die vie­le Res­sour­cen bin­den und die auch nicht immer rea­lis­tisch abbild­bar sind.

Wie reagieren die betroffenen Unternehmen?

Wir wis­sen von vie­len unse­rer Kun­den, dass die Klein­tei­lig­keit vie­ler Vor­ga­ben nur schwer umsetz­bar ist. Zum Bei­spiel ist die Geo­lo­ka­li­sie­rung aller Anbau­flä­chen der in einer Packung Kaf­fee ent­hal­te­nen Kaf­fee­boh­nen extrem auf­wän­dig und kaum dar­stell­bar, schließ­lich wer­den fast immer ver­schie­de­ne Roh­kaf­fee­sor­ten gemischt. Die Crux hier­bei aber ist, dass Vor­ga­ben wie die­se stän­dig mehr wer­den – und daher ist es so wich­tig, dass gleich­zei­tig die zugrun­de­lie­gen­den Daten bes­ser wer­den. Ein Traum­sze­na­rio für Anwen­der ist, eine Lie­fer­ket­te in nur einem ein­zi­gen Sys­tem abbil­den zu kön­nen, das alle Daten in Bezug setzt. Und genau dabei kann ein Cloud-ERP opti­mal unter­stüt­zen.

Das Credo lautet also Zeit schaffen durch automatisierte und digitalisierte Abläufe?

Defi­ni­tiv! Inner­halb der Bran­che liegt dafür sehr viel Poten­zi­al, da unter­schei­den sich die Lebens­mit­tel­her­stel­ler nicht von ande­ren Unter­neh­men der Pro­zess­in­dus­trie, bei­spiel­wei­se der Kos­me­tik­in­dus­trie. Ein ers­ter Erfolg wäre, Sys­tem­brü­che erst gar nicht ent­ste­hen zu las­sen. Inner­halb eines Sys­tems soll­te auf einen Klick ersicht­lich sein, ob Ware auf Lager ist – ohne, dass ein Mit­ar­bei­ten­der erst noch tele­fo­nie­ren oder selbst im Lager nach­se­hen muss. Und genau das kön­nen Cloud-ERP-Sys­te­me auf Basis von SAP S/4HANA leis­ten. Agi­le Pro­zes­se in der Fer­ti­gung sind essen­zi­ell, um Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se fle­xi­bler und effi­zi­en­ter zu gestal­ten – wie man sehr gut bei unse­ren Kun­den wie bei­spiels­wei­se Para­di­se Fruits oder Zee­lan­dia sehen kann.

Nicht zu ver­ges­sen die Chan­cen, die die neu­es­ten Ent­wick­lung im Umfeld der Künst­li­chen Intel­li­genz (KI) schaf­fen, Stich­wort SAPs KI-Copi­lot Joule und die KI-Agen­ten – wir sehen hier viel­ver­spre­chen­de Mög­lich­kei­ten, um wie­der­keh­ren­de Rou­ti­ne­auf­ga­ben wie etwa Kun­den­re­kla­ma­tio­nen abtei­lungs­über­grei­fend durch­gän­gig zu auto­ma­ti­sie­ren.

Gibt es bereits ein Szenario für den Einsatz von KI-Agenten?

Ja, und kon­kret sähe dies fol­gen­der­ma­ßen aus: Bei einer Rekla­ma­ti­on wer­den bei­spiels­wei­se vier Posi­tio­nen ange­zeigt, der Kun­de hat aber nur drei bekom­men. Dank der KI-Agen­ten, die mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren – also Daten aus­tau­schen, abglei­chen und in Rela­ti­on set­zen – spart sich der Kol­le­ge oder die Kol­le­gin die unter Umstän­den not­wen­di­gen Tele­fo­na­te und E‑Mails mit den betrof­fe­nen Abtei­lun­gen wie Lager, Logis­tik und Finan­ce. Am Ende besteht die Auf­ga­be der Retou­ren-Abtei­lung nur noch dar­in, die Gut­schrift für den Kun­den final zu geneh­mi­gen, alle ande­ren Pro­zes­se sind auto­ma­tisch im Hin­ter­grund gelau­fen.

„Think global, act local“: Wie können Hersteller der Lebensmittelindustrie diese Aufgabe bewältigen?

Fakt ist: Um Pro­duk­te glo­bal ver­trei­ben zu kön­nen, wird die Vor-Ort-Prä­senz im Ziel­markt immer wich­ti­ger. Daher sind Unter­neh­men drin­gend auf die dafür not­wen­di­gen Ver­triebs- oder Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaf­ten ange­wie­sen. Und genau dafür bie­ten SAP‑S/4HA­NA-Cloud-Lösun­gen eben­falls opti­ma­le Unter­stüt­zung, denn ein Public-Cloud-ERP mit sei­nen Best Prac­ti­ces und Stan­dard­pro­zes­sen lässt sich schnell aus­rol­len, so dass die Her­stel­ler vor Ort zügig mit ihrem „eige­nen“ Sys­tem prä­sent sind. Und wenn im Mut­ter­kon­zern auf das On-Pre­mi­se-Sys­tem oder einen Pri­va­te-Cloud-Ansatz nicht ver­zich­tet wer­den kann und will, eig­net sich ein Two-Tier-Ansatz opti­mal: Das Head­quar­ter setzt wei­ter auf sei­ne gewohn­ten IT-Struk­tu­ren, wäh­rend im Aus­land fle­xi­bel und agil eine Public Cloud unter Berück­sich­ti­gung lan­des­spe­zi­fi­scher Gege­ben­hei­ten wie Steu­ern, Zoll oder Regu­la­ri­en ein­ge­führt wird.

Welche weiteren und wichtigen Branchen-Funktionalitäten liefert SAP den Lebensmittelherstellern? Und wo unterstützt Innovabee noch einen Schritt weiter?

Essen­zi­el­le The­men der Bran­che sind natür­lich Ver­derb­lich­keit und Min­dest­halt­bar­keits­da­tum (MHD). Der Umgang mit Lebens­mit­teln erfor­dert immer einen sau­be­ren Lie­fer­ket­ten­pro­zess. Dazu zäh­len unter ande­rem durch­dach­te Ein- und Aus­la­ge­rungs­stra­te­gien in der Logis­tik, wo zusätz­lich häu­fig das so genann­te „First-expi­red-First-out“ (FeFo)-Prinzip“ gilt: Die­ses soll sicher­stel­len, dass das Pro­dukt mit dem kür­zes­ten Ver­falls­da­tum zuerst auf den Markt gebracht wird. So wird gleich­zei­tig dafür gesorgt, dass die Pro­duk­te, die den End­ver­brau­cher errei­chen, eine aus­rei­chen­de Rest­halt­bar­keit haben. All das und noch vie­les mehr muss die Soft­ware abbil­den kön­nen – und für einen Aspekt des „vie­les mehr“ haben wir bei Inno­v­a­bee die not­wen­di­ge Bran­chen­ex­per­ti­se, wie zum Bei­spiel Lösun­gen zur Nähr­stoff­be­rech­nung in der Rezep­tur­ent­wick­lung, die von unse­ren Kun­den sehr dank­bar ange­nom­men wur­den.

Zusammengefasst: Wo befindet sich die Lebensmittelbranche gerade auf ihrer Digitalisierungsreise und wo geht es noch hin?

Wir haben es wei­ter­hin mit einer sehr dyna­mi­schen Ent­wick­lung zu tun, die haupt­säch­lich durch tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen, ver­stärk­te Auto­ma­ti­sie­rung und den Bedarf an agi­len Geschäfts­pro­zes­sen geprägt ist. SAP bie­tet eine brei­te Palet­te an Lösun­gen, die die Lebens­mit­tel­her­stel­ler effek­tiv bei den vie­len Her­aus­for­de­run­gen unter­stüt­zen. Wir bei Inno­v­a­bee sehen aber auch, dass die Digi­ta­li­sie­rung nicht nur die Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se und Lie­fer­ket­ten for­dert und ver­än­dert, son­dern auch den Umgang mit Daten – Stich­wort daten­ge­stütz­te Ent­schei­dungs­fin­dung –, die Bezie­hung zu den Ver­brau­chern und die Art und Wei­se, wie Unter­neh­men ihre Nach­hal­tig­keits­zie­le errei­chen. Auf die­ser Rei­se beglei­ten wir unse­re mit­tel­stän­di­schen Kun­den wei­ter­hin mit Weit­sicht und viel Bran­chen­ex­per­ti­se, damit auch sie von den vie­len Vor­tei­len lang­fris­tig pro­fi­tie­ren.

Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV)

(Verordnung (EU) Nr. 1169/2011)

Was regelt die LMIV?
Die LMIV schreibt vor, wel­che Infor­ma­tio­nen über Lebens­mit­tel den Verbraucher:innen beim Kauf (auch online) ver­bind­lich bereit­ge­stellt wer­den müs­sen. Dazu gehö­ren u.  a. Zuta­ten­ver­zeich­nis und All­er­gen­kenn­zeich­nung, Nähr­wert­an­ga­ben, Her­kunft bestimm­ter Zuta­ten (z. B. Fleisch, Milch), Min­dest­halt­bar­keits­da­tum / Ver­brauchs­da­tum, Les­bar­keit und Schrift­grö­ße etc.

War­um ist die LMIV für Lebens­mit­tel­her­stel­ler her­aus­for­dernd?

  1. Jede Ände­rung an Rezep­tu­ren, Her­kunft oder Lie­fer­ket­te kann eine Neu­aus­zeich­nung nach sich zie­hen.
  2. Kenn­zeich­nung in meh­re­ren Spra­chen
  3. Bei Expor­ten inner­halb der EU müs­sen Infor­ma­tio­nen lan­des­sprach­lich und rechts­si­cher bereit­ge­stellt wer­den.
  4. Risi­ko­fak­tor All­er­gen­kenn­zeich­nung

Schon klei­ne Feh­ler oder feh­len­de Hin­wei­se kön­nen zu Rück­ru­fen und Image­ver­lust füh­ren. Eti­ket­ten­ge­stal­tung & Ver­pa­ckungs­kos­ten, Design und Lay­out müs­sen gesetz­li­chen Vor­ga­ben ent­spre­chen, was Fle­xi­bi­li­tät in der Ver­mark­tung ein­schränkt. Auch im Online-Ver­trieb & E‑Commerce müs­sen alle LMIV-Daten vor Kauf­ab­schluss ersicht­lich sein – tech­nisch und orga­ni­sa­to­risch nicht tri­vi­al.

Fazit: Die LMIV ist für Kon­su­men­ten ein gro­ßer Gewinn – für Lebens­mit­tel­her­stel­ler jedoch mit erheb­li­chem Organisations‑, Doku­men­ta­ti­ons- und Prüf­auf­wand ver­bun­den. Beson­ders klei­ne­re und mit­tel­stän­di­sche Betrie­be kämp­fen mit häu­fig statt­fin­den­den Ände­run­gen und Detail­vor­ga­ben.

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